Für LaminarFlow begann das Ausstellungsjahr 2012 mit einem Aussaatprojekt und Workshop in München Planegg. Obwohl ein offizieller Bericht von Präsident Bernd Treder und Gruppenleiter Josef Heinrich in der Zeitschrift „die Orchidee“ noch folgen soll, ist es mir ein Bedürfnis, ein paar meiner Erlebnisse vorab zu schildern.
Wir rückten letzten Donnerstag mit 3 sterilen Arbeitsplätzen zu dieser Veranstaltung an, um das, was bei Herrn Heinrich und mir seit gut 18 Monaten in den Köpfen kreiste, einiges der Vorbereitung erforderte, nun auch praktisch umzusetzen: Aktiver Artenschutz mit 8 - 9-jährigen Kindern und diese Mädln und Buben ganz bewusst über jenen Weg ( = hintertriebenen Umweg) an die Orchideen heranzuführen, der Kinder, Jugendliche so begeistert – die Technik, Chemie, Biologie, Genetik, ... summende Motoren, blinkende Lichter, Meristemschaukel und Meristemrad und vor allem auch die etwas wahnwitzige Kombination Propanol und Bunsenbrenner auf engem Raum in den Cleanbenches, weil es sich technisch nicht wirklich anders bewerkstelligen ließ, um das Kontaminationsrisiko durch ungeübte Kinderhände zu minimieren. Aber was heißt ungeübt? Sie agierten und handwerkten so, als hätte sie es immer schon getan.
Herr Heinrich und ich stießen im Zuge der ein-einhalbjährigen Vorbereitung für diesen 3-tägigen Workshop immer wieder auf Herausforderungen, aber es waren durchwegs lösbare, beginnend damit, disziplinierte Klassen im Raum München ausfindig zu machen, diese in der Theorie akribisch vorzubereiten, das Wissen kindgerecht und portioniert weiterzugeben, Interesse zu wecken, aber nicht zu überladen… bis dazu, für Kinderhände die kleinsten Sterilhandschuhe zu akquirieren, die es in Europa nur gibt und selbst diese waren manchen Kindern 3 Nummern zu groß. Vor ca. 1 Jahr begannen bei uns in Österreich die in-vitro Vorbereitungen für diesen Workshop. Wir säten für jedes Kind seine persönlichen Orchideen (NFs) aus. Die Kinder übernahmen dann den letzten entscheidenden Schritt des replates, konnten ihre Becher mitnehmen, und sie erhielten auch Orchideen, die sie selber deflaskierten, mit nach Hause.
Und dann saßen sie mit einer Doppellage von Kissen unter ihrem Popo geschoben an den Benches, um nur annährend jene Arbeitshöhe zu erreichen, die doch für uns Erwachsene so alltäglich und selbstverständlich ist. Und sie saßen da mit leuchtenden Augen, stolz und mit spürbarer Ergriffenheit, wesentlicher Teil, ja mehr noch Hauptattraktion dieser traditionsträchtigen Veranstaltung in München zu sein, bestaunt zu werden und dass viele Erwachsene und auch Eltern über die Schultern der Kinder blickten, nicht glaubend, was diese Kinder zu leisten vermögen.
Unsere Aufgabe war nur, ihnen nach kurzer Einführung zu assistieren. Zumeist mussten wir nicht einmal dies tun. Beeindruckend schnell erlernten sie die Grundregeln des sterilen Arbeitens, hatten die Kinder eine Feinmotorik und ein Gespür, das unbeschreiblich ist, wanderten ihre Hände immer flinker und geschickter in der Cleanbench umher, schienen sie fast instinktiv zu spüren, wo Gefahrenquellen und Kontaminationsrisken liegen könnten. Dass es funktionieren kann, wusste ich, da ich Vater von 4 Kindern bin und sie mit jeweils 5 Jahren bereits an der Cleanbench saßen bzw. sitzen, weil für sie so eine Bench zum normalen Inventar eines Hauses gehört, es bei ihnen eher Verwunderung hervorruft, dass andere Eltern keine Cleanbench zu Hause haben. Komisch, womit beschäftigen sich diese denn? Zeit totschlagen?
Während des Münchner Orchideenmarktes war diese Präsentation nur der öffentliche Teil, jetzt beginnen die Nachbereitungen und der Versuch, die Kinder an dieser Begeisterung und Erfahrung dranzulassen und sie nicht zu langweilen, zu verscheuchen, zu verlieren. Vielleicht kann oder mag jemand ein paar Fotos einstellen, „kids on work“. Bilder der Ausstellungsstände, der prämierten Pflanzen sind wichtig, aber in Planegg 2012 waren die Kinder die unumstrittenen Stars und man sollte dies würdigen. Ich selber kam leider nicht dazu, um Fotos anzufertigen.
Ich möchte mich bei Josef Heinrich und seinem Team für die Kooperation und die beeindruckende Vorbereitung bedanken. Danke auch Uni.Prof. Stetter und Herbert Richthammer (Ehrenrat der D.O.G.) für die Begleitung dieses länderübergreifenden Workshops.
Erheblich bescheidener (!) fällt mein Dank für dt. Autobahnpolizei aus, die meine Geographiekenntnisse dahingehend erweiterte, dass der Raum Chiemsee nicht mehr zum österreichischen Territorium zählt, Tempo 120 mit einem Anhänger nicht toleriert wird, schon gar nicht, wenn ich sie treuherzig auch noch zu belehren versuche, dass man doch in Deutschland mit einem Anhänger Tempo 100 fahren darf mit einem Toleranzmaß von plus 20%. Schließlich war ich in Eile. Zufällig bin ich dann noch in einer Überholverbotszone schnittig an einem LKW vorbei geglitten und ja, der Zulassungsschein für den Anhänger blieb zu Hause liegen. Nun gut, ich werde eure bedürftige Staatskassa etwas aufbessern. Seid gnädig, ich tat´s für einen guten Zweck. Irgendwie habe ich es nicht so mit euren eigenartigen Verkehrsregeln. Ähnliches passierte dann Sonntag in der Nacht bei der Heimfahrt im Schneetreiben auf der Höhe Schladming. Aber das ist ja schon Österreich
Natürlich erneut ohne Zulassungsschein (wie denn auch?), jedoch begnügten sich die österreichischen Polizisten mit jeweils einer Orchidee + Haltungsbedingungen und dem Hinweis, bei den Kollegen in Deutschland schon ausreichend gebüßt zu haben. In Zeiten eines zahlungsschwachen Euros kennt man bei uns wieder eine andere Währung.
Man kann beides und sich schließlich entscheiden … jammern über den hohen Altersdurchschnitt der Orchideenliebhaber, den Mangel an jungen Mitgliedern einer Landesgruppe, … oder aber man kann aktiv dagegen etwas tun und die Kinder dort abholen, wo sie sind, was Kinder interessiert, immer schon interessiert hat und wofür sie sich immer begeistern lassen – die Technik. Bleibt zu hoffen, bleibt zu wünschen, dass weitere Landesgruppierungen der D.O.G. auf diesen Zug aufspringen und die Zeichen der Zeit erkennen und sie nicht verleugnen.
Mit freundlichen Grüßen
Matthias Knoll
LaminarFlow – Österreich